Weil Frauen im Motorsport benachteiligt sind?
So würde ich das nicht sagen. Fakt ist, dass Männer einfach machen, und Frauen immer lange überlegen, ob sie sollen oder nicht. Ich war da nicht anders, habe aber jede sich mir bietende Möglichkeit genutzt, meinem Traum näher zu kommen. Im Lauf der Zeit habe ich dann aber begriffen, dass es gar nicht so wichtig ist, in welcher Klasse man fährt. Man muss im Moment leben, nicht rechts und links schauen und am besten dort sein, wo man gewinnen kann. Dann geht es automatisch weiter.
Es wird immer wieder bemängelt, dass sich nicht mehr Frauen für technische Berufe interessieren. Warum, glaubst du, ist das so?
Junge Mädchen sind der Technik einfach nicht so ausgesetzt. Das liegt an allem Möglichen, ganz sicher auch immer noch an Vorurteilen. Wenn Mädchen in der Schnupperlehre zu Coiffeuren und in Kindertagesstätten gehen und Jungs sich Schreinerwerkstätten ansehen können und niemand auf die Idee kommt, diese Angebote genderunabhängig zu gestalten, dann landen Mädchen unweigerlich in den bis anhin sogenannten typischen Frauenberufen. Das gilt umgekehrt übrigens auch. Es müsste selbstverständlicher sein, dass Mädchen schon sehr früh auch Zugang zu Technik haben. Nicht alle haben so ein Glück wie ich und haben Eltern, die technikaffin sind und sich nichts dabei denken, diese Welt auch einem Mädchen nahezubringen. Ich finde Bewegungen wie Girls on Track super, wo Mädchen schon ab acht Jahren die Chance haben, Karts anzuschauen, zu fahren und Reifenwechsel zu üben. Sie können jetzt auch in der Formel E Rennluft schnuppern und sehen, dass es auch Ingenieurinnen gibt.
Hast Du Vorbilder?
Nicht explizit im Motorsport, aber ich mag Menschen, die ihr Ding durchziehen. Serena Williams ist so eine grandiose Figur für mich. Oder Roger Federer. Machen, Dranbleiben, egal, was die anderen sagen. Manchmal ist die Strasse nämlich buchstäblich nicht so gerade.
Eben. Du hattest auch Unfälle, Verletzungen – haben die dich nie vom Motorsport abgebracht?
Nein. Es gibt für mich keinen Plan B. Noch nicht. Irgendwie geht es immer weiter. Ich lebe meinen Traum, das ist das allergrösste Glück.
Du hast auch eine Weile in der Formel E das Steuer in der Hand gehabt?
Das war eine megacoole Erfahrung! Auch wenn alle, angefangen beim Team, bis hin zu mir selbst, anfangs skeptisch waren. Formel E ist ein völlig neues Erlebnis: die Regelungen, die Autos, der Sound. Ich konnte dann 2015/2016 mit dem Team von Michael Andretti antreten und bin stolz, die erste Frau im Formel E Zirkus zu sein, die tatsächlich Punkte eingefahren hat.
Motorsport ist sehr anspruchsvoll, man muss viel trainieren. Was tust du für deine Fitness?
Ich bin nicht so übermotiviert, muss ich gestehen. Ich habe zweimal in der Woche einen Personal Trainer, der ein auf meine Bedürfnisse abgestimmtes Trainingsprogramm mit mir absolviert. Ich spiele ausserdem Tennis und Golf und gehe gerne in die Berge zum Wandern oder Skifahren. Ich bin eigentlich permanent in Bewegung.
Und dann natürlich die Einsätze als Porsche Werksfahrerin, da sitzt du ja auch nicht still …
Ganz und gar nicht! Ich bin an die 25 Wochenenden im Jahr auf Rennstrecken unterwegs. Ich gehöre zum TAG Heuer Porsche Formula E Team, allerdings nicht als Pilotin. Ich war in der ersten Saison mit Porsche in der Formel E als Test- und Entwicklungsfahrerin mit dabei. Diese Saison bin ich als Ersatzfahrerin dabei, reise also immer mit dem Zirkus mit – für alle Eventualitäten. Ein tolles Team übrigens. Es ist schon ziemlich cool, in so einem innovativen Umfeld arbeiten zu können.
Was macht Porsche in deinen Augen so besonders im Motorsport?
Im Rennsport ist Porsche einfach die beste Marke, wenn man dabei sein will. Das Team, das Feeling, die Motorsport-Heritage, die Möglichkeiten, die man mit Porsche hat – all das gibt es so kein zweites Mal.
Du hast gesagt, es sei nicht immer einfach. Wie motivierst du dich?
Ich bin da, wo ich immer sein wollte, im Motorsport. Ich kann machen, was ich gerne mache, und das seit über 20 Jahren. Mehr Motivation brauche ich nicht. Ich lebe mit Begeisterung für den Motorsport, auch wenn man Vieles dafür aufgibt …
Zum Beispiel?
Das Übliche, wenn man im Spitzensport engagiert ist. Das Leben findet praktisch nur auf dem Rennplatz, in Fahrerlagern und in Entwicklungszentren statt. Da ist wenig Platz für anderes ausser der körperlichen und mentalen Fitness.
Ein hoher Preis?
Nein. Ich bin völlig zufrieden mit dem, was ich jetzt gerade habe.